Janina Kugel, Personalchefin und Mitglied des Vorstands der Siemens AG ist der Ansicht, dass Bewerbungsfotos die Verantwortlichen beeinflussen und dadurch falsche Personalentscheidungen getroffen würden.
Aufgrund unbewusster Denkmuster könnten beispielsweise Punker als unseriös, oder Ältere als technikfern eingeordnet werden.
Bei Siemens ist die Abschaffung von Bewerbungsfotos in der Diskussion. Endgültig beschlossen wurde allerdings noch nichts.
Bewerbungsfotos – sinnvoll, oder nicht?
Wenn Bewerbungsunterlagen ohne Fotos ankommen, hat zwar der Personalverantwortliche die Möglichkeit, „vorurteilsfrei“ zu entscheiden, wenn jedoch dann der Bewerber zum Gespräch eingeladen wird und dieser „in Natura“ den Vorstellungen des Verantwortlichen nicht entspricht (beispielsweise weil Punker, oder zu alt) dann wird er den Job trotzdem nicht bekommen. Im Grunde hätten sich beide Seiten viel Zeit erspart, wenn der Personalverantwortliche gleich durch das Bewerbungsfoto gewusst hätte, dass der Bewerber nicht zu seinen Vorstellungen passt.
Auf Bewerbungsfotos verzichten – wann ist das sinnvoll?
Der Verzicht aufs Bewerbungsfoto kann immer dann Sinn machen, wenn sich der Bewerber bei einer Firma bewirbt, die wie Siemens keinen ausgesprochenen Wert auf ein Foto legt und wenn der Bewerber weiß, dass seine Eigenwirkung besser ist, als seine Wirkung auf einem Foto. Also immer dann, wenn jemand ausgesprochen unfotogen ist. Das kommt allerdings selten vor. Die meisten Menschen denken von sich selbst, dass sie auf einem Foto „schlecht“ aussehen. Häufig liegt das aber entweder am eigenen Empfinden, oder an einem schlechten Fotografen. Ein guter Fotograf versteht es, die eigene Ausstrahlung zu unterstreichen. Ein solches Foto ist ein wertvolles Plus in einer Bewerbung. Man sollte nicht grundlos darauf verzichten. Denn es kann einen echten Mehrwert darstellen.
Der menschliche Aspekt in den Bewerbungsunterlagen
Abgespeckte Bewerbungsunterlagen, in denen der Focus ausschließlich auf erreichte Abschlüsse und berufliche Stationen liegt, führen natürlich dazu, dass Qualifikationen übersichtlich verglichen werden können. Es bleibt aber die Frage, ob das tatsächlich im Interesse aller liegt. Im Grunde könnte man bei einer solchen Bewerbung auch auf das Anschreiben verzichten. Doch der Mensch ist keine Maschine. Sonst könnte man sich darauf begrenzen: Baujahr, Abschluss, Berufliche Erfahrung. Fertig.
Es ist jedoch so, dass der Bewerber vielfältige Erfahrungen mitbringt, nicht nur berufliche, sondern genauso private und ehrenamtliche. Diese Erfahrungen beeinflussen den beruflichen Werdegang ebenfalls. Deshalb ist der Bewerber mehr als nur das, was man aus den nackten Daten erkennen kann. Diese Persönlichkeit spiegelt sich zum Teil im Foto wieder, zum anderen in einem sehr guten Anschreiben. Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, braucht der Personalverantwortliche umfassende Informationen, die über die reinen Daten hinausgehen, denn aus diesen lässt sich meist nicht herauslesen, ob ein Bewerber tatsächlich ins Team passt. Dazu muss die jeweilige Persönlichkeit greifbar werden, mit Foto und knackigem Anschreiben.